Sexuelle Gewalt
Allgemeines über Sexuelle Gewalt
Du erlebst ungewolltes „Angrabschen“, Sprüche mit sexuellen Anspielungen, die dir vielleicht Angst machen, bis hin zu körperlicher Drohung, Nötigung oder Gewaltanwendung? Dann erlebst du sexuelle Gewalt.
Dieses Kapitel erklärt dir, was sexuelle Gewalt ist, wo die Grenzen sind und was du als Betroffene:r tun kannst. Du findest konkrete Anlaufstellen, die dir gerne weiterhelfen. Das Wichtigste aber vorab: Es gibt viele Wege, bei sexueller Gewalt Hilfe zu bekommen! Du musst keine Angst haben, dich damit auseinanderzusetzen.
Was versteht man unter sexueller Gewalt?
Sexuelle Gewalt ist ein sexueller Übergriff bzw. eine sexuelle Handlung, ohne dass du (d)eine Einwilligung dazu gegeben hast.
Grundsätzlich definiert IMMER das Opfer, ob ihr:ihm Unrecht getan wurde und ab wann sexuelle Gewalt, Missbrauch oder Misshandlung stattgefunden hat. Auch ein ungewolltes „Angrabschen“, Küssen oder Nötigung (Gewaltanwendung oder Drohung) gelten neben einer Vergewaltigung als derartige Handlungen.
Sexuelle Gewalt wird in verschiedenen Formen ausgeübt. Häufig vertreten sind körperliche Misshandlungen, durch Schlagen, Treten oder Würgen. Es handelt sich dabei immer um bewusst beigefügte Verletzungen des Gegenübers. Häufig werden Übergriffe durch Eltern oder andere Betreuungspersonen dem Kind oder Jugendlichen zugefügt. Oftmals findet diese Gewalt auch im direkten Umfeld unter Gleichaltrigen statt. Misshandlung wird daneben auch auf einer emotionalen Ebene ausgeübt, wie durch Vernachlässigung, Liebesentzug, mangelnde Zuwendung oder auch durch emotionale Manipulation.
Was sind die Merkmale von sexueller Gewalt?
Alle sexuellen Handlungen, die von dir ungewollt und unerwünscht sind, sind Formen von sexueller Gewalt, Misshandlungen und sogenannten Missbrauch.
Hierzu zählen insbesondere diese Merkmale:
1. Körperliche Gewalt
Alle sexuellen Berührungen, Kontakte durch Personen, von denen du es nicht möchtest
Schlagen, Treten oder Würgen
Alle bewusst beigefügten Verletzungen
Achtung: Wenn du solche Erfahrungen erlebt hast, ist das eine Vergewaltigung!
2. Verbale Gewalt
Unerwünschte Kommentare & Sprüche
unangebrachte Fragen zu Privatleben und Sexleben
Sexuelle Witze
Wichtig ist:
Auch wenn diese Merkmale vielleicht nicht auf deine Situation zutreffen, du dich aber trotzdem unwohl oder schlecht behandelst fühlst, kannst du auch Hilfe aufsuchen.
Wo, wann und warum findet sexuelle Gewalt statt?
Alle Formen von sexueller Gewalt finden oft verdeckt im Alltag statt, aber auch offen und in krimineller Form.
Sexuelle Gewalt kann dir begegnen ...
zu Hause
in deiner Beziehung/Partnerschaft
in der Öffentlichkeit
in der Schule, an der Uni am Arbeitsplatz
in deiner Freizeit
unter Freund:innen
in den Medien, im Internet und über Social Media
Sexuelles gewalttätiges Verhalten ist immer ein Zusammenspiel aus verschiedenen Faktoren. Im Aufwachsen von Täter:innen spielen diese Erlebnisse eine wichtige Rolle:
Vernachlässigung und Misshandlung
Entzug von Zuneigung
häusliches Gewalterleben
mangelhafte soziale Kompetenzen
mangelnde Ich-Entwicklung und -Identität
hohe Ängstlichkeit und Depressivität
geringes Selbstwertgefühl
geringe Konfliktfähigkeit, Aggressionskontrolle und Frustrationstoleranz
erhöhte Stressanfälligkeit
Was kann ich tun, wenn ich von sexueller Gewalt betroffen bin?
Wenn du sexuelle Gewalt mitbekommst, solltest du für dich einen Weg finden, deine Erlebnisse zu verarbeiten. Hole dir Hilfe in deinem direkten Umfeld oder auch über unsere Hilfsangebote. In akuten Gewaltsituationen ist die Polizei jederzeit zu erreichen!
Die „Fünf W“ helfen dir dabei:
1. Wann und wo hat die sexuelle Gewalt stattgefunden?
2. Was ist genau passiert?
3. Wie kam es dazu?
4. Warum fühltest du dich benachteiligt?
5. Wer war an dem Vorfall beteiligt? / Kann jemand den Vorfall bezeugen?
Außerdem kann dir helfen:
Mach dich bemerkbar, egal wie. Zur Not kannst du auch einfach schreien
Suche dir umgehend Unterstützung und teile mit, was du erlebt hast. Auch wenn es vielleicht schwer für dich ist, weil du vielleicht Angst hast: Es hilft immer, sich Leuten anzuvertrauen.
Entferne dich vom Gefahrenort und versuche nicht, die:den Held:in zu spielen
Wenn du Online sexuelle Gewalt mitbekommst, blockiere diese Kontakte konsequent
Auf Plattformen wie Instagram kannst du sexuelle Gewalt, Diskriminierung, Rassismus und Sexismuss melden
Wenn du selbst noch weitere Tipps hast, die du mit anderen teilen willst, schreib uns gerne auf Instagram oder TikTok (@betweenthelinesapp).
Wir freuen uns über deine Tipps und werden sie hier integrieren!
Gibt es professionelle Hilfe für mich?
Es ist äußerst wichtig, dass du einen Weg findest, dein Erlebnis von sexueller Gewalt zu verarbeiten. Es gibt verschiedene Optionen für dich, die wir hier und auch im Bereich Hilfsangebote für dich zusammengefasst haben. Zum einen findest du dort den "Hilfekompass", der dir sagt, in welcher Situation welche Hilfe sinnvoll ist. Du findest aber auch ganz konkrete Anlaufstellen, die du direkt über die App kontaktieren kannst!
Grundsätzlich gilt für dich:
Im Notfall informiere sofort eine erwachsene Person, den Rettungsdienst 112 oder auch die Polizei 110.
Kliniken haben immer einen 24 Stunden Notfalldienst, d.h. zu jeder Tages- und Nachtzeit kannst du dorthin gehen, um im akuten Notfall Unterstützung und Hilfe zu bekommen.
Desweiteren gibt es für dich folgende Möglichkeiten:
Stufe 1: Sprich mit deinen Lehrern oder Freunden über deine Situation. Wenn du dich ihnen gut anvertrauen kannst, erzähle ihnen, dass du etwas schlimmes erlebt hast und es dir schlecht geht.
Stufe 2: Suche ein Beratungsangebote auf, wenn du dich mit Stufe 1 nicht wohl fühlst. Dort kannst du mit einer:einem Expert:in über dein Erlebnis von sexueller Gewalt sprechen. Es gibt viele kostenlose und anonyme Beratungen, die dir weiterhelfen können. Neben Online- und Telefonangebot gibt es auch Beratungen in deiner Nähe. Alle Anlaufstellen zum Thema sexuelle Gewalt findest du im Bereich "Hilfsangebote".
Stufe 3: Suche ein:e Psychotherapeut:innen auf, um dein Erlebnis zu verarbeiten und therapeutische Unterstützung zu bekommen. Therapeut:innen unterliegen der Schweigepflicht und sind ausschließlich für dich da. Eine vollständige Liste findest du auch im Bereich "Hilfsangebote".
Stufe 4: Wenn du über mehrere Monate unter dem Erlebnis leidest, ein normales Leben nicht mehr möglich ist und du schon die ersten 3 Stufen ausprobiert hast, kommt auch eine (teil-)stationäre Psychiatrie infrage. In diesen speziellen Krankenhäusern wird sich intensiv um dich gekümmert und ein Weg erarbeitet.
Wichtig ist, dass du dich traust über deine Situation zu sprechen. Nur so kannst du Hilfe und die notwendige Unterstützung bekommen.